Sonntag, 24. November 2013

Gesehen: The Punk Singer - A Film about Kathleen Hanna

Musikdokus gibt es viele. Wir kennen Tourdokus, wie Lady Gagas Monster Ball Tour at Madison Square Garden,  Fandokus, wie Springsteen and I, posthum produzierte Projekte, wie The Future Is Unwritten zu Joe Strummer, Filme, die sich mit für die Musik wichtigen Orten auseinandersetzen, wie Dave Grohls Sound City und - Hand aufs Herz - ich verschlinge diese Filme und Filmchen. Erst Recht, wenn Künstler_innen portraitiert werden, die ich super finde! Klar habe ich mich da tierisch gefreut, als die Filmemacherin Sini Anderson 2011 bei Kickstarter für die Finanzierung von The Punk Singer warb, eine Dokumentation über und mit Kathleen Hanna, Riot Grrrl-Ikone, feministische Aktivistin, Künstlerin, Mutmacherin. Seitdem freue ich mich auf den Film und fiebere auf Screenings in unseren Breiten hin. Et voilà - gestern war es soweit. Im Rahmen des Kölner SoundTrack-Festivals wurde The Punk Singer - A Film About Kathleen Hanna ausgestrahlt.

Aber eins nach dem anderen. Als Anderson im September 2011 bei Kickstarter für ihr Punk-Singer-Projekt wirbt, hat sie schon tolles Material im Kasten: Photomaterial, Videoaufnahmen, Interviewsequenzen. Aber einen Film produzieren - sei er auch noch so low-budget - ist teuer. Und was nützt aussagekräftiges Material, wenn es nie zu einem Film zusammengesetzt werden kann? Und so hieß es dann im Aufruf: "[...] we made a beautiful film with mostly magic instead of money [...] Now, we really need your help." Für die Postproduktion sammelten die Macher_innen innerhalb eines Monats schließlich weit mehr als die angestrebten 44.000 Dollar. Über 1.200 Menschen finanzierten das Projekt mit über 60.000 Dollar. 

Seit Anfang des Jahres tourt The Punk Singer jetzt durch Nordamerika. Und leider auch nur dort. Keine Ahnung, wie es die SoundTrack_Cologne-Menschen geschafft haben, den Film für eine Vorstellung zu bekommen. Und kein Wunder, dass die Vorstellung in der Filmpalette restlos ausverkauft war. Vielleicht 70 Menschen sind in den Genuss gekommen, The Punk Singer zu sehen. 

Photo von Allison Michael Orenstein
Der Film erzählt chronologisch aus dem Leben von Kathleen Hanna. Dass sie Bock auf das Projekt hatte, ist sofort klar. So viele persönliche Photos aus der Kindheit, der Jugend, von der Familie, Kunstwerke aus frühen Jahren, rares Videomaterial von Spoken-Words-Auftritten - da wäre Sini Anderson wohl schwer drangekommen, wenn Hanna keine Lust gehabt hätte. Die Riot-Grrrl-Ikone kommentiert ihr Leben, erzählt Geschichten, die wir schon kennen, die aber trotzdem immer wieder schön sind ("Kurt smells like Teen Spirit") und lässt uns Teil haben an Situationen, die anstrengend sind, bei Arztbesuchen und überfordernden Auftritten. Wir dürfen einen Blick in Hannas Wohung(en) werfen und sind beim ersten Auftritt mit dem neuen Projekt The Julie Ruin dabei.

Wegbegleiter_innen von Hanna kommen zu Wort und bestätigen, was wir uns eh schon gedacht haben. Corin Tucker, Kim Gordon, JD Samson, Carrie Brownstein, Adam Horovitz - sie alle (und noch viele mehr) bezeugen Kathleen Hannas Coolnes, Kreativität und den Einfluss, denn sie auf Frauen, "die Szene" und Popkultur weltweit gehabt hat. 

Dass sie dabei nicht frei von Widersprüchen ist, macht dann wieder Hanna selbst ganz deutlich, wenn sie erzählt, wie die als Vegetarierin bei McDonalds jobbte, sich als Feministin auf Bühnen auszog, um Geld zu verdienen und wie sie sich in einen Beastie Boy verliebte, der mit Songs wie "Girls, Girls, Girls" zu Ruhm gekommen war. 

The Punk Singer ist eine der besseren Musikdokus. Die Bilder sind nicht alle neu, aber fast alle gut, Fanzine-mäßig gibt es Interludes, die die Übergänge erleichtern und Infos nachreichen, die wichtig sind, die Gesprächspartner_innen sind gut ausgewählt und wer nach dem Sehen des Films nicht auch ein Haus am See mit Hund will kann mein_e Freund_in nicht werden. Spaß beiseite! Der Film ist super-sehenswert und super-wichtig. Das Private ist eben immer noch politisch, deswegen macht es Sinn, eine einzelne Frau aus dem Wust an tollen Menschen des Third-Wave-Movements herauszuheben. Davon abgesehen, dass Kathleen Hanna natürlich eine Schlüsselposition einnimmt, ist sie auch ein gutes Beispiel für die Kämpfe, die viele von uns zu kämpfen haben, sei es aufgrund von Genderissues, Krankheiten, oder oder. Und dass die Musik taugt, muss ich nicht extra erwähnen. (Und ich hoffe, dass die Gerüchte einer The Julie Ruin-Tour im nächsten Sommer ein Fünkchen Wahrheit haben!)

Wenn mir jetzt noch jemand verraten kann, was das für ein Lippenstift ist, den Johanna Fateman da in den Interviewsequenzen trägt, bin ich für dieses Wochenende der zufriedenste Mensch ;)




Zum Weiterlesen empfehle ich euch das different needs Riot Grrrl-ABC, das Buch Riot Grrrl Revisited, das Jonas Engelmann und Katja Peglow herausgegeben haben und das Interview mit Kathleen Hanna, das Peaches für das brandaktuelle Missy Magazine gemacht hat.

2 Kommentare:

  1. Wowowowowowowowowow!

    Und wenn nicht gerade Filmfestival in Köln ist, wo kann man den Film dann sehen?

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    1. Das ist eben das Problem. Er ist nicht auf Tour, oder so. Ich habe also keine Ahnung...

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