Nachdem die SlutWalks 2011 weltweit für Furore und bunte, feministische Sommer gesorgt haben, geht es in vielen Städten auch in diesem Jahr weiter. In Toronto, Washington DC und Münster zum Beispiel demonstrierten die Gegner_innen von sexualisierter Gewalt und Vergewaltigungsmythen schon vor Wochen für Selbstbestimmung und in Berlin geht es am 15. September los (Das Organisations-Team sucht noch Helfer_innen... mehr Infos hier)!
Auch in Hamburg geht es in diesem Jahr wieder für (sexuelle) Selbstbestimmung auf die Straße. Mit dem kleinen Unterschied, dass die Hamburger_innen in diesem Jahr nicht mehr unter dem Label "SlutWalk" laufen und auch nicht nur laufen, sondern mehr sein wollen, als nur eine "sexy" Demo! "enter_the_gap!" ist hier gleichsam Motto und Aufforderung! In dieser Woche fanden und finden tolle Aktionen statt und am morgigen Samstag geht es mit der Demo los. Vorab das Bündnis ein paar Fragen beantwortet...
differentneeds: 2011
haben die SlutWalks weltweit mehrere Tausend Menschen auf die Straßen gehen und
gegen Sexismus, sexualisierte Gewalt und Opfermythen und für (sexuelle)
Selbstbestimmung demonstrieren lassen. Ein Teil des Erfolgs war auch, dass alle
Aktionen unter einem Label, nämlich dem des SlutWalks, als zusammenhängend und
weltumspannend wahrgenommen werden konnten. Warum verabschiedet ihr euch in
diesem Jahr dennoch von dem Label „SlutWalk“?
enter_the_gap: Wir stehen immer noch voll und ganz hinter
diesen Grundsätzen, möchten uns aber auch mit Kritik die nach dem SlutWalk laut
wurde, auseinandersetzen. So haben zum Beispiel Black Women in den USA einen offenen Brief geschrieben. In diesem wird kritisiert, dass die positive
Neubesetzung des Begriffs ’slut‘ im US-amerikanischen Kontext nur für weiße
Frauen funktioniert. Durch Erfahrungen im Kolonialismus und durch das von
Sklaverei entstandene Bild von Schwarzer, weiblicher Sexualität haben schwarze
Frauen einen anderen Bezug zum Wort ’slut‘ als weiße Frauen. Eine
positive Aneignung vom Begriff ’slut‘ ist nicht möglich, solange Begriffe wie 'ho‘ noch alltägliche, entmenschlichende Zuschreibungen sind.
Auch in Hamburg
haben wir das Konzept SlutWalk im letzten Jahr übernommen und unterstützt,
weshalb wir den Brief als Kritik an uns angenommen haben. Nicht nur aus den
USA, sondern auch aus Deutschland gab es Kritik an SlutWalks. Auch hier ging es
darum, dass diese Idee nicht allen Menschen zugänglich ist und Perspektiven
ausgeblendet und damit unsichtbar gemacht werden. Das zeigt, dass bei der
Organisation des SlutWalks das eigene, weiße Privileg, sich diesen
Begriff aneignen, bzw. ihn dekonstruieren zu können, nicht hinterfragt
wurde. Wir haben damit Ausschlüsse produziert und uns zu sehr auf unsere
eigenen Erfahrungen und Probleme mit Sexismus konzentriert.
Das weltweite
Label hat natürlich seine Vorteile, weil damit ein Bekanntheitsgrad erreicht
war und viel Mobilisierung gar nicht nötig war, aber es ist auch schwierig auf
einen solchen "Zug" aufzuspringen, weil eigene Inhalte verschwinden. Auch
letztes Jahr haben wir schon mehr zu sagen gehabt als, "wir wollen gerne
sexy sein dürfen, bitte", aber das wurde vor allem von der Presse gerne
übersehen, denn es war spannender "Schlampen" beim Anziehen zu filmen. Sexismus ist ein unangenehmes Thema, was sich erst wieder vermarkten
lässt, wenn man dann doch sexistisch reduzierte Bilder von Brüsten zeigen kann.
Das hat uns sehr geärgert und auch das ist ein Grund, nicht mehr unter dem
Label zu laufen. Die Presse ist nicht alles und es war schön eine weltweite
Solidarität zu spüren und diese überall auf die Straße zu tragen, aber unser
Kampf geht weiter und ist alltäglich und nicht ein Partywalk einmal im Jahr und
alles bleibt wie es war.