Samstag, 15. Juni 2013

MY DIY - Amelie Persson

In MY DIY geht es immer mal wieder um Menschen, die Dinge selbst machen. Zines zum Beispiel, Radiosendungen, Klamotten, Plattenlabels, Comics, Bands... die Range ist denkbar weit. Was schnell klar wird: DIY ist nicht gleich DIY. Der kleinste gemeinsame Nenner ist und bleibt aber das Selbermachen

Amelie
Eine von diesen Selbermacher_innen ist Amelie Persson. Wer differentneeds öfter mal liest, hat schon von ihr gehört. Neulich erst habe ich ihren SPAM-Comic vorgestellt. Und jetzt werde ich Amelie mal ein bisschen besser vorstellen. Amelie Persson ist Illustratorin und zeichnet eben Comics, Postkarten, Kalender... und sie setzt Aufträge um, zeichnet also für Magazine, Buchprojekte, Unternehmen... außerdem ist sie freie Autorin und moderiert beim nicht-kommerziellen Radiosender Radio X in Frankfurt die Sendung ScrambledX!

Sie bewegt sich mit ihrem Können also eher an der Schnittstelle zwischen DIY und Geldverdienen. Gestern habe ich mit ihr telefoniert und sie hat mir mehr erzählt zu ihrer Arbeitsweise und ihren Ideen und ihre Selbstverortung im weiten DIY-Feld .

dn: Amelie, erzähl doch mal: Wie kamst Du dazu, Dinge selbst zu machen?

ap: Eigentlich mache ich schon immer Sachen selbst. Das fing schon in meiner Kindheit an. Meine Eltern haben das Selbermachen gefördert. Für die Barbies beispielsweise wurde nicht alles fertig gekauft, sondern wir durften die Nähmaschine benutzen, um Kleider selbst zu nähen und haben einen alten Servierwagen zum mehrstöckigen "Barbietraumhaus" umfunktioniert. Ich konnte kreativ werden, weil ich mich ausprobieren durfte. Gemalt habe ich übrigens auch schon immer gerne!

dn: Hast Du dann nach der Schule Illustration studiert?

ap: Nein. Viele Wege führen nach Rom und meiner war nicht immer gerade. Ich habe auch nie geglaubt, dass ich eines Tages davon leben würde. In der Schule wurde im Kunstunterricht nach ganz anderen Gesichtspunkten bewertet. Mein Stil kam dort nicht so an, weil er eben nicht so angepasst war. Nach der Schule habe ich erstmal ein Jahr am Theater gearbeitet. Studiert habe ich letztlich Soziologie und Literaturwissenschaften. 

dn: Und trotzdem arbeitest Du jetzt als Illustratorin. Du zeichnest Kalender und Postkarten, Comics...

ap: Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Ich verbringe viel Zeit damit, Auftragsarbeiten zu erledigen. Das macht mir auch Spaß. Die Comics und Kalender mache ich, um mal was in der Hand zu halten. Die Auflagen sind klein. Ich lasse die Sachen in einer Druckerei in Frankfurt drucken. Alles wird fair produziert... das ist mir wichtig! Und ich freue mich dann, wenn die Leute positiv auf meine Illustrationen reagieren. 

dn: Bei Deinen Arbeiten macht der Begriff "handgemacht" auch noch viel Sinn, im Gegensatz zu einigen anderen, die dieses Label verwenden...

ap: Ja, ich arbeite nun Mal mit meinen Händen. Meine Illustrationen entstehen in erster Linie analog. Ich arbeite in meinem Atelier an zwei riesigen Schreibtischen auf denen Unmengen von Material rumliegt... verschiedene Stifte, Farben, Pinsel... alles mögliche! Ich zeichne, mache Collagen... der Charakter des Handgemachten ist mir wichtig und ermöglicht es mir, den Dingen wirklich meine eigene Handschrift, meinen Strich zu verleihen. Für mich ist das ein Qualitätsmerkmal, die Sachen sind wirklich von Hand gemacht und ich merke auch, dass das gut ankommt!

dn: Was bedeutet DIY für Dich? Verbindest Du damit Assoziationen zu Autonomen Zentren, oder eher zur Crafting-Bewegung?

ap: Weder noch... das erste Mal, dass ich mit dem Begriff "DIY" in Verbindung gekommen bin, war im Bücherregal meiner Eltern, da standen so ein paar Bücher zum Heimwerken und so. Meine Eltern sind beide handwerklich begabt... mein Vater, der aus Nordschweden kommt, kann zum Beispiel gut mit Holz umgehen. Wir hatten auch einen Webstuhl zuhause und es war selbstverständlich, Dinge selbst zu machen. 

Mit dem DIY-Diskurs kann ich mich nicht so richtig in Verbindung bringen. Der Begriff scheint derzeit zu verwässern, Stichwort "Bastelbewegung". Da sehe ich mich definitiv nicht!

Ich bin Illustratorin, also irgendwo zwischen Künstlerin und Handwerkerin. Und ich verstehe mich nicht als Produzentin. Ich freue mich über meine selbst herausgebrachten Comics und die Kalender, aber das ist nur ein kleiner Teil von dem, was ich mache...

http://ameliepersson.com/illustration/


dn: Du bewegst Dich also irgendwo zwischen professionellem Arbeiten und Geld verdienen auf der einen Seite und der Kunst auf der anderen. Wie empfindest Du das?

ap: Für mich beeinflusst sich das gegenseitig positiv. Einiges hätte ich sicher nie gemacht, wenn ich nicht durch Aufträge auf Ideen gebracht worden wäre. Wenn man Leute findet, mit denen die Zusammenarbeit gut klappt, dann spielt man sich den Ball hin und her und am Ende kommt etwas Gutes dabei heraus. Zwischendurch ist es schon anstrengend. Bei Auftragsarbeiten spielt oft Zeitdruck eine Rolle, man muss einfach pünktlich fertig werden. Das ist ein Vollzeitjob. Aber ich genieße das und vertrete gerade die Einstellung "Alles mitnehmen!" und lote aus, was eben geht. 

dn: Du hast schon erwähnt, dass Du in einem Atelier arbeitest. Warum ist das wichtig für Dich?

ap: Mir ist das immer wichtig, Raum für mich zu haben. Und das Atelier ist eben ein Ort, an dem ich mich austoben kann. Ich kann die Tische vollstellen, die Wände vollhängen, mich ausbreiten, ausleben. Ich habe da meine Ruhe, Sachen können auch mal liegen bleiben. Ich darf chaotisch sein und wenn mich das Chaos stört, räume ich eben wieder auf. Tabula Rasa.

Der Austausch mit den anderen im Künstlerhaus ist mir auch wichtig. Da sind viele tolle Designer_innen, Filmemacher_innen, Maler_innen, Möbeldesigner_innen... wir zeigen uns gegenseitig unsere Projekte zum Beispiel, wenn es mal nicht weitergeht und das hilft manchmal sehr! 

dn: Bei Dir stehen jetzt einige sehr spannende Sachen an: nächste Woche eröffnest Du zum Beispiel eine Ausstellung...

ap: ... ja! Da werden dann einige meiner Arbeiten aus dem letzten Jahr zu sehen sein. Illustrationen, Drucke... Die Galerie Kaiser P bespielt ein leerstehendes Ladenlokal in Frankfurt und organisiert dort Ausstellungen für Künstler_innen. Es ist ein ehemaliges Reisebüro in einer etwas trashigen Einkaufspassage im Bahnhofsviertel. Ich finde den Ort sehr spannend... es kommen auch Menschen, die sonst wohl eher nicht in eine Galerie oder so gehen würden. 

dn: Sag mal, wann ist eigentlich mit der dritten Auflage des sehr erfolgreichen Schwestern-Comics zu rechnen? 

ap: Ja, der Erfolg lag wohl vor allem daran, dass ich in der Süddeutschen etwas darüber schreiben durfte. Auf jetzt.de ist der Text auch noch online.  Da sind wirklich viele Menschen - vor allem Schwestern -  drauf aufmerksam geworden.

Ich arbeite grade an einer Weiterentwicklung. Das Comic, wie es war, wird es also wohl nicht mehr geben. Es werden neue Geschichten dazu kommen. Inzwischen ist ja schon wieder so viel passiert... Leserinnen haben mir ihre Schwesterngeschichten erzählt und mit meiner Schwester erlebe ich natürlich auch weiterhin viel Lustiges! Sie liefert mir ständig Geschichten, die ich mitschreiben soll, wenn wir zusammen Quatsch machen.

dn: Und was steht sonst noch an bei Dir? 

ap: Ich bin grad dabei, ein Kochbuch zu finalisieren. Es wird demnächst im Jaja-Verlag erscheinen, ein kleiner, fantastischer Berliner Verlag mit dem Schwerpunkt Illustration. Ich durfte dafür meine absoluten Lieblingsrezepte aufschreiben und illustrieren. Sie sind alle bei Freund_innen und Familie erprobt... ich gebe quasi meine Küchengeheimnisse preis. Die Sachen sind übrigens alle glutenfrei, vegetarisch/vegan und natürlich super-lecker!

Jetzt im Sommer geht es nach New York. Dort darf ich an einem Illustrations-Workshop teilnehmen und ich freue mich schon sehr auf den Input!

dn: Dann wünsche ich Dir viel Erfolg bei denen Projekten und viel Spaß in der großen Stadt, Amelie!

ap: Danke für das schöne Gespräch!


+++


Und das war noch nicht alles!  Amelie wird jetzt regelmäßig-unregelmäßig Mini-Comics für differentneeds zeichnen! Ich freu mich! 






1 Kommentar:

  1. Oh so eine tolle Person! Hatte hier und da schon mal den Namen auf Twitter gelesen und jetzt gerade das Interview und bin jetzt ein wenig verliebt. Danke für das Interview!!!

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