Donnerstag, 5. Mai 2011

MY DIY - Herder vom Three Chords

Photo: Herder
Fanzines gibt es schon ewig. Fußballzines, Star Trek Zines, Comiczines, Perzines.  Einige habe ich euch schon im Rahmen des Riot Grrrl-ABC vorgestellt (Schau mal hier, hier, hier, hier, oder hier). Selbstredend gibt es auch im Hardcore und Punk zahlreiche. Zuletzt habe ich das Tofukatze-Zine gereviewt. Ein Zine, welches mich schon seit geraumer Zeit begleitet, ist das Three Chords. Hardcore, Punk, Skateboarding - das sind wohl so die Hauptthemen. In gut geschriebenen Kolumnen, Reviews, Interviews... werden aber durchaus auch mal andere Themen angeschnitten. Wenn Du mehr zum Three Chords wissen willst, dann schau mal hier

Einer der Macher des Three Chords ist Herder. Intern wird er gern Pressesprecher genannt und ich finde, er macht seinen Job ganz gut. Sein MY DIY jedenfalls gefällt mir. Seit kurzem bloggt er  übrigens auf urbanwaste.blogspot.com. Mehr MY DIY!


"Als ich die Anfrage bekam, quasi als Vertreter des Three Chords Fanzines ein paar Zeilen zum Thema „DIY“ zu tippen, stand ich zunächst vor einem großen Nichts. Ich hatte keine besondere Meinung zu DIY, war eher gleichgültig eingestellt. Im Laufe meiner Reflexionen kam ich zu der Erkenntnis, dass das Schöne an DIY vielleicht ist, zumindest dort, wo ich mich bewege, dass man so gleichgültig sein kann, weil die DIY - Kultur eben so selbstverständlich und quasi omnipräsent ist. Aber lest selber: 

Als ich im zarten Alter von ca. 14 Jahren mal Zusteller für Zeitschriften aller Art war (von TV – Zeitschriften bis zur Klatschpresse war eigentlich alles dabei), bekam ich mal die etwas launige und von höchsten Pubertätsgefühlen geprägte Frage, ob denn auch „versaute“ Zeitschriften dabei wären. Klar seien sie das, antwortete ich, Praline, Neue Revue, Wochenend und Selbst ist der Mann (natürlich eine Handwerkerzeitung, kein Onanierroman). 

Photo: Herder
Die Lacher waren natürlich auf meiner Seite, so einfach ist das noch in jungen Jahren. Etwa in diesem Alter und noch zur Zeit des Zeitschriftenausteilens, begannen wir damals zu dritt ebenfalls mit einem  „Selbst-ist-der-Mann-Projekt“ – einem Fanzine. Ich weiß allerdings gar nicht, ob wir den Begriff damals überhaupt schon kannten, ich denke nicht. Geprägt war das Ganze dabei weniger von einem DIY – Ethos, sondern eher von der Faszination für die (damals noch als lustig und informativ  empfundene) Mainstream – Journaille bzw. einem „Das-können-wir-besser“ - Anspruch nach Durchsicht eines beeindruckend miesen Konkurrenzheftchens. Wir setzten uns einfach zu dritt zusammen, suchten nach Death Metal Bands über die wir berichten wollten, hauten in die Tasten des Amiga 500, druckten es mit einem Nadeldrucker aus, kopierten die Vorlagen, tackerten sie zusammen und verkauften dann stolz 25 Ausgaben. Ich glaube, von der dritten Ausgabe haben wir dann bereits 500 Exemplare machen lassen. So einfach war das.

Knapp 20 Jahre später habe ich viel geschrieben, an mehreren Punk und Hardcore Fanzines mit gewerkelt und mache das immer noch gerne. Ob ich dabei jemals gedacht habe ‚Hossa, DIY und so‘, wage ich zu bezweifeln. Klar, super Sache, unabhängig arbeiten zu können, nicht an Vorgaben gefesselt zu sein, dort aktiv zu sein, wo man sich am wohlsten fühlt und keine besondere Politik oder Attitüde mittragen zu müssen (nun gut, wobei das ja sicherlich  zu diskutieren wäre).

Wahrscheinlich ist es genau das, was glühende DIY–Verfechter an unkommerziellen, unabhängigen Fanzines so lieben. So sei es, ich war nie ein DIY-Papst. Für mich ist es im Laufe der Jahre einfach selbstverständlich geworden und bedarf keiner weiteren Etikettierung. Ich persönlich brauche auch keine solchen Labels, denn sie machen schlicht und einfach nur angreifbar und schränken den persönlichen Horizont ein. Denn was passiert, wenn man es wagt, diese imaginäre Grenze zu überschreiten, kann man ja fast täglich nachlesen. Ich halte nichts von „DIY or die“ und freue mich für jeden, der auch jenseits dieser Szene glaubwürdig und weitestgehend kompromisslos seinen Weg geht - und von dieser Sorte gibt es sicherlich mehr als gemeinhin so angenommen wird.

Letztendlich will ich eben meinen persönlichen Anteil an der Herstellung von Fanzines auch nicht überbewerten - ich schreibe ja nur. Schreiben können ja  fast alle (manchmal bin ich geneigt „leider“ zu denken, aber das ist ein anderes Thema) und alle Pamphlete würden auch ohne mein Zutun erscheinen. Doch wenn ich sie unterstützen kann und sie dadurch hoffentlich noch einen Tacken besser werden als ohne mich, dann reicht mir das schon völlig.

Photo: Herder
Aber (und jetzt kommt vielleicht erst der wichtige Teil): das eben Geschriebene beruht letztendlich ja nur auf dem Luxus, dass ich mich selber in einer Szene bewege, in der DIY-Sein, Nicht-Perfekt-Sein und Unabhängig-Sein nicht nur akzeptiert, sondern von vielen Mitgliedern getragen wird. Allein das sich nochmal vor Augen zu halten, macht einem nochmal schnell klar, wie gut und relativ unkompliziert ich und wir es alle eigentlich haben. Alle von mir seit Ewigkeiten genutzten Strukturen (AZs, Konzerte, Fanzines, Mailorder, Labels, Voküs, etc) gibt es seit Jahren und Jahrzehnten und werden so oft es geht von mir genutzt, unterstützt oder, wie im Falle der Fanzines, selbst entwickelt. Sie sind eben Teil des für mich normalen Lebens, ohne dass ich dies als etwas Besonderes hervorheben müsste und das macht es auch als Heft für uns denkbar einfach.

Das Three Chords erscheint genau dann, wenn wir Bock darauf haben. Es verfügt über keinerlei professionelle Vertriebswege, Redaktionsstrukturen oder Hierarchien. Das Heft wird komplett durch Werbung und Verkaufserlöse finanziert, ohne dass jemals irgendwelche Zugeständnisse an Promoheinis gemacht werden mussten. Alle haben sich quasi alles selbst beigebracht, jeder macht, was er kann bzw. worauf er Bock hat. Das alles geht nur und ausschließlich deswegen, weil wir alle Bock haben, selber was auf die Beine zu stellen. Und nur deswegen, weil es mittlerweile bis zu 1500 Menschen gibt, die bereit sind, Geld für ein vergleichsweise unprofessionelles und nur in Punk und Hardcore Kreisen zu beziehendes Heft auszugeben. 

Wenn wir irgendwann mal keinen Bock mehr darauf haben, hören wir einfach auf und das Leben geht dennoch für uns ganz normal weiter. Niemand verliert seinen Job, kann seine Rechnungen nicht mehr zahlen, steht mit einem Haufen Schulden da oder vor dem Nichts. Wir würden gehen, wie wir kamen. Vielleicht abgesehen von den Nachfragen von Freunden sowie bekannten und unbekannten Lesern auf Konzerten, wann denn endlich mal wieder ein neues Three Chords erscheinen würde. Ob so was einem Redakteur einer der oben genannten Schüttelblätter passieren könnte? Ich weiß es nicht, ich hoffe es nicht, aber ich denke: nicht.

Sich dieser Selbstverständlichkeit wieder bewusst zu werden, tat mal wieder gut. Vielen Dank DIY."

3 Kommentare:

  1. Haha, und was lesen sie alle auf dem Photo?
    Natürlich das Dawk.

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  2. interessant am DIY gedanken ist ja auch, wer überhaupt "mitmachen" kann und wer in unserer gesellschaft überhaupt erst die möglichkeiten dazu bekommt.
    zumindest rede ich jetzt von dem hc/punk eurozentr./us-diy von dem auch hier gesprochen wird.
    wo das hauptproblem wohl daran liegt, dass diy nicht (bis ganz selten) abgegrenzt vom kapitalistischen verwertungssystem existieren kann.

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  3. hey violet, kannst du das noch näher erläutern, deine kritik kann ich nur erahnen, fände es aber doch spannend, wenn du das näher ausführen würdest.

    gruß kat

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