Dienstag, 14. Mai 2013

Gelesen: Rosalie Blum von Camille Jourdy

Rosalie Blum heißt das zweite Comic von Camille Jourdy, das in Wirklichkeit ihr zweites, drittes und viertes ist. Denn ursprünglich ist die Geschichte von Rosalie Blum in drei Bänden erschienen. Reprodukt hat die wunderbar-wunderliche Geschichte von Claudia Sandberg übersetzen lassen und einen schönen Band herausgegeben.


Wunderlich ist die Geschichte, weil zunächst einmal ein Mann im Fokus steht, obwohl der Titel anderes vermuten lässt. Bevor Leser_innen Rosalie kennenlernen, lernen sie Vincent kennen. Einen Friseur, der mit seiner Katze im Haus der Mutter lebt und in seiner Freizeit mit seinem Frauen verschleißenden Cousin abhängt. Vincent hat kein spannendes Leben. Jedenfalls nicht, bis Rosalie Blum auftaucht. 

Er trifft sie unvermittelt immer wieder und beschließt irgendwann, ihr zu folgen. Es ist ziemlich unheimlich, wie er nach und nach immer mehr über Rosalie rausfindet. Er entwickelt Taktiken, wie er ihr unauffällig folgen kann. Vincents sonst so langweiliger Tagesablauf ist vom jetzt abwechslungsreichen Leben Rosalie Blums bestimmt. Die dreht den Spieß zwischenzeitlich um und macht sich einen Spaß daraus, mit Vincent zu spielen.

Ihre Nichte Aude spielt das Spiel mit und ist überhaupt ein Gewinn für das gesamte Comic. Ihre Figur bringt Dynamik in die Geschichte und das, obwohl sie ziemlich faul ist: "Ich glaube, je mehr man nichts tut, desto weniger tut man. Ich meine... Faulheit zieht immer noch mehr Faulheit an... und Langsamkeit noch mehr Langsamkeit." Irgendwie ist es aber eher Lässigkeit, die Aude ausstrahlt. Zum Beispiel wenn sie mit ihren Freundinnen bei Vincents Mutter einsteigt, einer verrückten Alten, die gerne mit kleinen Püppchen Talkshows und allerlei anderes reenacted. 

Rosalie Blum macht dem Begriff "Graphic Novel" alle Ehre. Das geschriebene Wort, die detailreich ausgearbeitete Geschichte mit spannenden Figuren und den aufwändigen Erzählsträngen wird durch wunderbare Zeichnungen ergänzt, von denen man nicht müde wird, sie anzusehen. Irgendeine liebevolle Kleinigkeit ist sicher noch irgendwo zu entdecken. Camille Jourdy mag ihre Figuren. Sie sind dick und dünn und groß und klein, verschroben, verrückt und unperfekt, aber allesamt liebenswert. 

Für Rosalie Blum, das inzwischen in mehrere Sprachen übersetz wurde, erhielt Camille Jourdy 2010 einen Preis beim Comicfestival in Angoulême. Neben Comics illustriert sie Kinderbücher und arbeitet für verschiedene Magazine. Auf ihrer Homepage gibt sie Einblicke in ihre Arbeit, das meiste auf Französisch. Aber vielleicht wird es ja auch mal wieder ein übersetztes Release geben?

1 Kommentar:

  1. Ohja, schon viel Gutes über C. J. gehört. Jetzt habe ich absoluten Hunger auf das Buch. Dienstag: bookstores be ready, ich bin auf dem Weg ;)

    Danke, fürs kompetente Appetitmachen.
    LG
    <a href="http://www.satzsitz.de>das A&O</a>

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