Samstag, 27. November 2010

Nachtrag zu "Sexismus als Steckenpferd" II

Hier wurde bereits über das Werbeplakat von Media Markt berichtet. Auch die erste E-Mail vom Werberat wurde  gepostet.

Gestern kam dann wieder eine E-Mail vom Werberat an mit der Begründung, warum es sich bei dieser Werbung NICHT um Diskriminierung handele:


"Nach Eingang der Stellungnahme des werbenden Unternehmens haben wir die Angelegenheit den Mitgliedern des Deutschen Werberats zur Begutachtung und
Beurteilung vorgelegt. Diese sind zu der Auffassung gelangt, dass die Werbemaßnahme nicht zu beanstanden ist.

Der Deutsche Werberat, die selbstdisziplinäre Einrichtung der Werbewirtschaft in Deutschland, beanstandet eine werbliche Maßnahme dann, wenn sie gegen seine Verlautbarungen oder die darin zum Ausdruck kommenden herrschenden gesellschaftlichen Grundüberzeugungen verstößt. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn Darstellungen oder Aussagen in der Werbung erfolgen, die herabwürdigend oder diskriminierend in Bezug auf Frauen sind. Maßstab der Betrachter ist dabei der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher, wie er auch von der Rechtsprechung zugrunde gelegt wird.


Die Aussage "Da kannste alles anfassen, ohne eine geknallt zu kriegen!" spielt nach Meinung des Deutschen Werberats allein auf eines der Grundprinzipien von MediaMarkt an, nämlich darauf, dass in allen Märkten alle Geräte ausgepackt und funktionsbereit in den Regalen stehen und von den Kundinnen und Kunden angefasst und ausprobiert werden dürfen. Dies war zur Gründungszeit des Unternehmens ein großes Alleinstellungsmerkmal. Das sich hierauf beziehende Plakat mit dem Comedian Mario Barth ist nach Auffassung des Gremiums in keiner Weise als Herabwürdigung von Frauen oder gar als Aufforderung zu Übergriffen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des MediaMarktes zu verstehen. Dies schon deshalb, da sich der Slogan gar nicht auf Frauen, sondern schon nach dem Wortlaut auf Produkte beziehe (sonst müsste es wohl heißen "da kannste alle anfassen"). Der Werberat geht davon aus, dass der ganz überwiegende Teil der Bevölkerung den Humor des Unternehmens so verstehe, wie er offensichtlich gemeint sei: sicherlich provozierend, aber mit einem Augenzwinkern und auch vorliegend nicht konkret gegen einzelne Personen oder Personengruppen gerichtet.

Aus diesen Gründen sieht der Werberat keine Veranlassung zu einer Beanstandung."

Ach so, Diskriminierung liege also nur vor, wenn es heißt "da kannste alle anfassen", da sich der Satz nur dann auf Frauen beziehen lasse. Dass sich "da kannste alles anfassen" aber auf den Körper der einen Frau beziehen kann, diese Lesart habe dann wohl nur ich. Dann gehöre ich wohl nicht zum Großteil "der durchschnittlich informierte[n], aufmerksame[n] und verständige[n] Verbraucher" (Zitat, daher nicht Verbraucher_innen).

Auf dem Mädchenmannschaft-Blog wird übrigens über einen Media Markt Boykott diskutiert. Währenddessen sind die Mainzerinnen der Feministischen Einzelkämpferinnen Gruppe schon einen Schritt weiter im Aktionismus: Sie plakatierten die Media Markt Plakate mit dem Spruch "Sexistische Kackscheiße". Regt hoffentlich den "durchschnittlich informierte[n], aufmerksame[n] und verständige[n] Verbraucher" mal zum Nachdenken an.

1 Kommentar:

  1. "Der Werberat geht davon aus, dass der ganz überwiegende Teil der Bevölkerung den Humor des Unternehmens so verstehe, wie er offensichtlich gemeint sei" => ja, genau DAS ist auch glaube ich das Problem. Jedes Land hat den Star-Comedian/die Mediamarkt-Werbung das die es verdient. Widerlich.

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