Donnerstag, 23. Dezember 2010

Kitsch - Texte und Theorien erschienen bei Reclam

Wer hat nicht mindestens fünf der kleinen gelben Reclam-Heftchen im Regal stehen? Hier ist noch ein Bändchen, das sich optisch ganz wundervoll in Deine Schul- und Unilektüre einfügt.

Der Kitsch-Band führt nicht nur in die Kitsch- und Campdiskussionen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert ein. Nein, er kitscht auch selbst fleißig. Winnetou-Auszüge von Karl May und das herrliche "Mimili" von H. Clauren sind nur zwei Belege dafür, dass Kitsch irgendwie auch schon immer interessant war. 

Die Herausgeber_Innen Ute Dettmar und Thomas Küpper haben mit ihrer Auswahl der Texte einen guten Überblick geschaffen. Einführend stellen sie am Beginn jedes Kapitels die prägnanten Eckpunkte der aktuellen Diskussion heraus und geben weiterführende Literatur an. Schließlich kommen immer auch die Poeten und Theoretiker der jeweiligen Zeit selbst zu Wort.

Zum Kitsch äußern sich also zum Beispiel Kant, Schiller und Goethe, dann Musil, später Fronemann und Ackerknecht, dann Benjamin, Bloch und Adorno, auch Bourdieu und schließlich Flusser und Sontag. (Susan Sontags "Notes on Camp" findest Du übrigens auch hier).

"Ich warne dich, leichtfertig mit dem Ausdruck Kitsch umzugehen!" Frank Wedekind, Kitsch.

The Guerilla Art Kit von Keri Smith

Dieses Buch macht Spaß! Schon beim ersten Durchblättern.  Es wirkt nämlich nicht wie die Massenproduktion, die es wahrscheinlich ist. Es wirkt, als hätte Keri Smith jedes der Exemplare höchstpersönlich geschrieben und illustriert. Schreibmaschinenschrift wechselt sich mit Handschriftlichem ab, Zeichnungen, Photos... das Guerilla Art Kit ist wie ein Poesiealbum.


Das Buch fängt ganz vorn an. Was ist überhaupt Guerilla Art? Keri Smith, die sich selbst als "an author/illustrator turned Guerilla Artist" nennt, sagt, das sei jede anonyme Arbeit die an öffentlichen Orten installiert, performt oder angebracht wird. Sie weitet damit den Begriff aus, schließt bekannte Streetart wie Graffiti aber nicht aus. Sie sagt: "Guerilla Art is for everyone. [...] It is free and accesible".

Samstag, 27. November 2010

Nachtrag zu "Sexismus als Steckenpferd" II

Hier wurde bereits über das Werbeplakat von Media Markt berichtet. Auch die erste E-Mail vom Werberat wurde  gepostet.

Gestern kam dann wieder eine E-Mail vom Werberat an mit der Begründung, warum es sich bei dieser Werbung NICHT um Diskriminierung handele:


"Nach Eingang der Stellungnahme des werbenden Unternehmens haben wir die Angelegenheit den Mitgliedern des Deutschen Werberats zur Begutachtung und
Beurteilung vorgelegt. Diese sind zu der Auffassung gelangt, dass die Werbemaßnahme nicht zu beanstanden ist.

Der Deutsche Werberat, die selbstdisziplinäre Einrichtung der Werbewirtschaft in Deutschland, beanstandet eine werbliche Maßnahme dann, wenn sie gegen seine Verlautbarungen oder die darin zum Ausdruck kommenden herrschenden gesellschaftlichen Grundüberzeugungen verstößt. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn Darstellungen oder Aussagen in der Werbung erfolgen, die herabwürdigend oder diskriminierend in Bezug auf Frauen sind. Maßstab der Betrachter ist dabei der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher, wie er auch von der Rechtsprechung zugrunde gelegt wird.

Montag, 22. November 2010

Die zwei Seiten der Lush-Medaille

Eigentlich scheint Lush ja echt eine schöne Sache zu sein. Kosmetikprodukte, Seifen, Badezusätze und und und komplett frei von Tierversuchen, häufig frei von tierischen Produkten. Irgendwie kommt der Laden auch in Genderfragen ganz gut rüber, wenn die Verkäuferinnen gern mal mit Bart durch den Laden laufen, wie kürzlich in der Kölner Filiale Hohestraße. 

Allerdings scheint das nur die eine Seite der Lush-Medaille zu sein! Die andere Seite offenbart merkwürdige Werbeaktionen am Rande der Legalität, zeigt wie Verkäuferinnen dazu erzogen werden, ihre sexuellen Reize  offensiv für den Verkauf zu nutzen... und wer sich weigert, ist für Lush Geschichte.

Anfang November veröffentlichte der Journalist Hannes Grasegger auf verschiedenen Plattformen Beiträge über die Arbeitsbedingungen bei Lush. Und diese Informationen klingen dann gar nicht mehr so bunt und lustig und unterstützenswert. Grasegger spricht auf Zeit.de von "Öko-Prostitution", auf t-online.de bezeichnet er Lush als "Eine schmierige Naturkosmetikkette", ähnliche Inhalte veröffentlichte er bei der Financial Times und bezieht sich damit auch auf einen älteren Artikel von Kristina Läsker in der Onlineausgabe der Süddeutschen.

Lush streitet jegliche Vorwürfe ab und so steht dann wohl Aussage gegen Aussage.

Das neue Magazin "Fräulein" - Name: Hui. Rest: Pfui!



Gestern habe ich im Bahnhofsbuchhandel das neue Magazin "Fräulein" entdeckt, zwei Euro investiert und das Hochglanz-Heftchen mitgenommen. Das Titelbild wirbt mit Texten zum Körper, Schnittmustern und einem Interview "über dumme Anmachen, Weiblichkeit, Leidenschaft und die zeitgenössische Lady", könnte also von Interesse sein.

Nach acht Seiten Werbung (!!!) - endlich das Editorial. Hier: die Betonung von Liebe und Hingabe für das Projekt "Fräulein". "Fräulein ist eine Mischung aus klassischem Frauen-Magazin und Fanzine." Meine Neugier ist geweckt. Nach dem Werbeüberfall hoffe ich das beste und blättere weiter. Drei weitere Werbeseiten. Es sei noch gesagt, dass es sich hierbei immer um Top-Modelabels handelt (Escada, Jil Sander, Filippa K). 

Dann: das Inhaltsverzeichnis. Nicht wirklich übersichtlich, muss es aber auch nicht sein. Illustriert von Tina Berning ist es aber sehr hübsch. Mein Blättertempo erhöht sich. Anders ist die viele Werbung kaum zu ertragen. Ich bleibe auf einer Seite hängen, die im Grunde auch nichts anderes ist als Werbung. Der Warenfetisch in seiner schönsten Form: hippe Taschenempfehlungen, "herzige" Babyschuhe, Design-Klappbetten... alles wiederum begleitet von Illustrationen und als solche auch schön anzusehen. Aber, aber - es bleibt Werbung. Die Textversatzstücke, die sich dazwischen finden, verblassen irgendwie und laden nicht zum Lesen ein.

Samstag, 20. November 2010

HRVST:DEATH
von Hendrik Thiele & Sebastian Thauer

Das Magazin "HRVST:DEATH" ist schon Anfang des Jahres 2010 erschienen. Eine Freundin verlinkte das Buch zu der Zeit auch, aber irgendwie bin ich erst jetzt wieder drauf gekommen, als ein Freund mir nochmal davon erzählte.

"HRVST", so der Plan, soll unterschiedlichen Menschen die Möglichkeit geben mit "Strong Hearts and Minds" über ein bestimmtes Ausgaben-Thema zu schreiben. Im Fall der ersten Ausgabe ist es eben das Thema "Tod".  

Sebastian und Hendrik haben hier unterschiedliche Menschen vereint, die ihre Erlebnisse mit dem Tod, ihre Gedanken zum Tod oder ihre künstlerischen Assoziationen mit dem Tod präsentieren. Die Autor_innen und Künstler_innen kommen aus der ganzen Welt und scheinen alle auf irgend eine Art und Weise einen Punk/Hardcore/DIY-Hintergrund zu haben. Vor allem sind es aber alles Menschen, die sich Gedanken machen - sich selbst, das Leben und den Tod reflektieren.

Montag, 15. November 2010

Nachtrag zu "Sexismus als Steckenpferd"

Vor einigen Tagen habe ich mich über die derzeitige Media Markt Plakatwerbung mit Mario Barth aufgeregt, woraufhin Kat die Webadresse für ein Beschwerdeformular beim Deutschen Werberat verlinkt hat. Nach dem Abschicken der Beschwerde hat es nicht lange gedauert, und ich hatte eine E-Mail vom Deutschen Werberat. Hier der Wortlaut:

"Sehr geehrte Frau XXX,

wir nehmen Bezug auf Ihre Beschwerde vom 5. November 2010 und teilen Ihnen
mit, dass wir das werbende Unternehmen zunächst zur Stellungnahme
aufgefordert haben.

Über das Ergebnis der Behandlung der Angelegenheit durch den Deutschen
Werberat werden wir Sie unterrichten.

Mit freundlichen Grüßen
XXX XXX"
Ich bin gespannt und harre der Dinge, die da kommen. Die Plakate sind größtenteils schon wieder aus dem Stadtbild verschwunden. 



Mixtapes: The Medium Is The Message

Vor kurzem noch verschenkt
"Mit einem Mixtape kannst Du heute niemanden mehr hinterm Ofen hervorlocken" - dann muss ich wohl ein Niemand sein.

Zugegeben, das Mixtape gehört wohl zu den aussterbenden Spezies in Zeiten in denen die Walkman-Produktion eingestellt wurde, in denen Songs für das Handy und den Ipod aufbereitet werden, in Zeiten in denen Musik konsumiert und nicht geliebt wird. Genug Kulturpessimismus an dieser Stelle. Es gibt sie ja noch, diese Kleinode der Liebe zur Musik und der Mühe für die_den Beschenkte_n.

Die ersten Audiokassetten erblickten 1963 in Folge der Berliner Funkausstellung das Licht der Welt. Kurz danach wurden die ersten Kassettenrekorder auch für den Popfan erschwinglich. Und seitdem, so ist zu vermuten, gibt es auch Mixtapes. Ganze Radiosendungen und die Lieblingssongs der neusten Schallplatten wurden aufgenommen. 

Montag, 8. November 2010

Give Me No Fruit If You Love Me

Da Capo Press/Lifelong Books
Kekse sind lecker, Cupcakes auch - aber selbst machen? Wer sich mal ran traut wird merken, so schwierig ist Backen gar nicht. Schon mal überhaupt nicht, wenn der_die Bäcker_in eines der tollen Kochbücher von Isa Chandra Moskowitz und Terry Hope Romero in der Hand hält. (Der Kauf lohnt sich fast schon der Bilder wegen).

"Vegan Cupcakes Take Over The World" und "Vegan Cookies Invade Your Cookie Jar" sind zwei der Bücher der beiden Autorinnen, die in der DIY-Szene zu verorten sind und ihr Wissen ums Backen gern mit ihren Leser_innen teilen.

Da Capo Press/Lifelong Books
Neben einem Glossar zu den wichtigsten Backbegriffen greifen Moskowitz und Romero auch vielen Fragen schon vorweg, die beim Backen auftreten können. Warum habe ich Klumpen im Teig? Welcher Ei-Ersatz ist der beste? Und warum sehen meine Cupcakes aus wie Untertassen? Das ganze läuft dann auf Englisch, dürfte aber auch für nicht so sprachgewandte Bäcker_innen unproblematisch sein. Was problematisch sein könnte ist die Tatsache, dass in Cups und Unzen gerechnet wird. Im Cupcake-Buch ist aber sogar eine Umrechnungstabelle abgedruckt. 

Beide Bücher beinhalten Rezepte mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen und regen zur Kreativität und zur Weiterentwicklung der Kekse und Cupcakes an. Und wem bei Apricot-Glazed Almond Cupcakes, Peanutbutter Brownies und Cranberry Walnut Thumbprints nicht das Wasser im Mund zusammenläuft, dem_der ist ohnehin nur schwer zu helfen. Schmeckt vom ersten Teignaschen an!

Dienstag, 2. November 2010

Sexismus als Steckenpferd

Als ob es nicht reicht, dass wir im TV, im Radio und im Briefkasten mit dem nervigen Gelaber von dem Typen zugespamt werden - jetzt glotzt Mario Barth auch noch von sämtlichen Bushaltestellen, die KVB, BVG und Co. so aufstellen konnten. Gut, aber entgegenschreien kann er einem_r so nicht. Denkste! Kann er nämlich doch! 
Da schreit er dann zum Beispiel in großen goldenen Lettern "Da kannste alles anfassen ohne eine geknallt zu kriegen!" Einatmen. Ausatmen. 
Dass Barth vor sämtlichen Sexismen der Welt nicht Halt macht ist ja bekannt. Aber hier setzt er nochmal einen drauf. Da kann er sich schon mal beschweren, wenn Frauen nicht jederzeit bereit sind, sich von ihm anfassen zu lassen, als wären sie eine Mikrowelle oder ein Verstärker. Ekelhaft. Und dass ich mit meinem Aufregen natürlich genau in die kalkulierte Provokationsfalle tappe - wen interessiert's?
Die Werbung läuft wieder für den Elektrofachmarkt Media Markt. "Ich bin doch nicht blöd" - Biste eben doch!


Dienstag, 26. Oktober 2010

Die Geschichte des Walkman - Der Walkman ist Geschichte

Der TPS-L2; Quelle: floraberlin.de
In den 1980ern bedeutete der Walkman von Sony eine Revolution auf dem Musikmarkt und vor allem für die Freizeit seiner Nutzer_innen.

Mit einem Walkman konnte endlich überall dort Lieblingsmusik gehört werden, wo sonst nur Alltagsgeräusche vernehmbar waren: im Bus, auf dem Fahrrad oder im Flur der Schule.

1979 wurde der erste erschwinglich Walkman in Japan unter dem klangvollen Namen "TPS-L2" verkauft. Damals gab es noch zwei Kopfhörer-Ausgänge, damit die Hörer_innen ihre Lieblingsmusik auch teilen konnten. Ein Mikrofon-Eingang ermöglichte außerdem eine aktive Nutzung des Walkman. Auch Nachfolgemodelle hatten diese Funktion noch. Henry Rollins hat wohl eine seiner ersten Spoken Words-Veröffentlichungen mit einem Walkman aufgenommen.

Erst in den späten 1980ern musste Sony um sein Monopol fürchten. Panasonic, Aiwa und Toshiba brachten ebenfalls Modelle auf dem Markt. Obwohl der Begriff von Sony geprägt war, setzte sich der Name Walkman für alle portablen Kassettenspieler durch.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Internet Killed The Video Star?

Bei MTV tut sich seit jeher einiges. In den 1980ern war MTV der erste Sender überhaupt, der sich voll und ganz der Musik widmete. Schnell überzeugte das Konzept und wurde schnell um die ganze Welt verbreitet - Amerika, Europa, Asien... inzwischen ist MTV echt überall.

Nach mehr als zehn Jahren MTV Germany geht der TV-Sender jetzt einen Schritt vor. Oder zurück. Woanders hin jedenfalls. Ab Januar 2010 wird aus MTV Pay-TV. Wer zur "I Want My MTV"-Fraktion gehört, wird in Zukunft also zahlen müssen. Wie jüngst auf der Homepage von MTV Deutschland zu lesen war, baut der Sender in Zukunft darauf, dass die Zuschauer entweder für den Sender bezahlen, oder ihre Interessen im Internet bedienen.

Montag, 18. Oktober 2010

Covergirls

Seit Beginn des Jahres 2010 verzichtet die Frauenzeitschrift Brigitte komplett auf professionelle Models auf dem Cover und auch innerhalb des Heftes (Eine Ausnahme bildet die Berichterstattung zu Modeschauen etc.). Das Interesse am neuen Konzept war groß. In sämtlichen Medien wurde diskutiert, Modeschöpfer, Models und sonst wer äußerten sich zu der Idee der Brigitte. Die Kritik erstreckte sich von Beigeisterung bis hin zu Empörung. Die Zeitschrift selbst vermarktet ihre Idee nach wie vor als Erfolg.
 
Quelle

Nur noch normale Frauen auf dem Titelbild einer Zeitschrift mit einer Auflage von knapp 800.000 - ist doch toll! Mag die eine oder der andere denken. Ja sicher, Leser_innen sehen sich nicht mehr mit makellos schönen Models konfrontiert, die eine Kleidergröße tragen, die jenseits von Gut und Böse ist. Was aber blieb, war das Wissen, dass es der Job des Models ist, gut auszusehen, wenig bis nichts zu essen, den ganzen Tag damit zu verbringen, die Haare gebürstet und die Lippen geschminkt zu bekommen. Photoshop tat dann sein Übriges.


Jetzt sind die Models der Brigitte "normale Frauen". Solche, die dann mit 47 drei Kinder zur Welt gebracht haben, nebenher eine Karriere als Staatsanwältin eingeschlagen haben, in der Woche zwei Mal zum Yoga und einmal zum Indonesisch-Kochkurs gehen und nebenher eine glückliche Partnerschaft führen (Die Models werden dem_der Leser_in zum Teil vorgestellt.) Da bleibt dann dem_der Durchschnitssleser_in die Spucke weg.