Samstag, 10. Dezember 2011

Eine popkulturelle Herstory - 10: Kima Greggs

Unter dem Motto "Fuck the average reader" hat David Simon in den letzten zehn Jahren eine  Serie geschrieben und produziert, der inzwischen längst auch in Europa Fans gefunden hat: The Wire (2002-2008 auf HBO). Eine kleine Einführung in den Kritiker_innenliebling gibt Laura beim Missy-Gastblog. 

Kurz reißt sie da auch eine der weiblichen Hauptfiguren an: Detective Kima Greggs, gespielt von Sonja Sohn. Sie arbeitet beim Baltimore Police Department, ist offen lesbisch und hardert mit Problemen, die man engstirnig sonst eher den männlichen Kollegen zuordnen würde: Alkoholismus und bisweilen auch Beziehungsunfähigkeit.  

Eigentlich will sie nur ihren Job machen. Ihre Freundin Cheryl überredet sie dann aber, noch einen Abschluss in Jura nachzumachen. Das ewige Lernen zuhause nervt Kima und führt auch das eine oder andere Mal zum Streit. 


Streit gibt es auch immer wieder über das Risiko, das Kima in ihrem Job eingeht. Eigentlich will ihre Freundin, dass sie sich fortbildet, damit sie nicht mehr in Schusswechsel und andere gefährliche Situationen verwickelt ist. Am Ende der ersten Staffel wird dann klar, dass das vielleicht gar nicht so schlecht gewesen wäre: Kima wird lebensgefährlich angeschossen. Sie überlebt aber.

Im Job ist sie ganz Profi: Sie unterhält gute Beziehung zu V-Mann Bubbles. Sie kümmert sich um ihn und im Gegenzug verrät er ihr, was im Drogensumpf von Baltimore, also in den Projects und an den Corners, so los ist. Kima plant Aktionen der Ermittlungsgruppe mit, beschattet Verdächtige, macht bei Razzien mit.

Kima ist außerdem auch mit ihrem Kollegen Jimmy McNulty befreundet. Die beiden verbindet nicht nur ihre Fälle. Auch ihre Vorlieben für Frauen und Alkohol sind immer wieder Thema. In der dritten Staffel geht es so weit, dass sie Cheryl, die inzwischen ein Baby mit ihr hat, betrügt. Sie wird zur Spiegelfigur McNultys. 

Kima Greggs ist ausgesprochen gut in ihrem Job und sticht den einen oder anderen Kollegen auf der Karriereleiter nach oben aus. In The Wire spielt Simon gern mit Stereotypen, die er dann gekonnt durchbricht. Eine Frau kann ebenso kaltblütig morden, wie ein Mann (siehe Snoop), ein Gangster kann schwul sein (siehe Omar Little) und eine der besten Ermittlerinnen kann eine Frau sein! 

Amanda Seybold vergleicht in ihrem Aufsatz "David Simon’s The Wire: A Study of Women" (2011) zwei Ermittlerinnenfiguren aus der Serie: Kima Greggs und Beadie Russel, die erst in der zweiten Staffel auftaucht. Sie kritisiert: "In the end, The Wire’s story line remains with the character of Kima Greggs, while sending Beadie Russell back to the sidelines. Although the show does not deliberately argue that Greggs’ character is the preferred rendering of the female police officer—homosexual, single, non-parent—the viewer cannot help but leave the show with the feeling that in the end she had what was needed to make it, while Russell did not.  What it took to “make it” as a female police officer, it would seem, is a rejection of the typical “female” characteristics, in lieu of those the viewer has come to associate with “male”." 

Eine verständliche Kritik, die aber trotzdem nicht greift, wie ich finde. Zum einen, weil die Serie, wie bereits erwähnt, durchzogen ist von Brüchen mit Stereotypen. Zum anderen, weil es schon die weiblich-weibliche Gegenfigur gibt, die erfolgreich ist: Staatsanwältin Rhonda Pearlman.

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